Was ist die Wegzugbesteuerung?
Die Wegzugbesteuerung ist eine steuerliche Regelung in Deutschland, die sicherstellen soll, dass Personen mit erheblichen Kapitalbeteiligungen an Unternehmen nicht durch einen Umzug ins Ausland steuerliche Vorteile erlangen. Dabei geht es insbesondere um stille Reserven, also noch nicht realisierte Gewinne, die in Deutschland steuerpflichtig wären, wenn sie aufgelöst werden.
Diese Regelung betrifft vor allem Unternehmer, Investoren und Gesellschafter von Kapitalgesellschaften, die Deutschland verlassen möchten. Doch in bestimmten Fällen kann sie auch Privatpersonen treffen.
Wer ist von der Wegzugbesteuerung betroffen?
Die Wegzugbesteuerung gilt für natürliche Personen, die:
- Mindestens 1% der Anteile an einer Kapitalgesellschaft halten (z. B. GmbH oder AG),
- Ihren steuerlichen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland aufgeben und ins Ausland ziehen,
- In den letzten fünf Jahren ununterbrochen in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig waren.
Kurz gesagt: Wenn du Gesellschafter oder Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft bist und ins Ausland ziehst, kann der deutsche Staat eine sofortige Besteuerung deiner stillen Reserven verlangen – selbst wenn du die Anteile nicht verkaufst.
Welche Steuer fällt an?
Betroffene müssen auf ihre Anteile eine fiktive Veräußerungssteuer zahlen, als hätten sie ihre Anteile zum aktuellen Marktwert verkauft. Der Gewinn unterliegt dabei dem Teileinkünfteverfahren:
- 60% des Gewinns sind steuerpflichtig
- Besteuerung mit dem persönlichen Einkommensteuersatz (bis zu 45% plus Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer)
- Effektive Steuerlast kann somit deutlich über 25% liegen, insbesondere für Unternehmer mit hohen Einkommen.
Seit der Änderung des § 6 AStG (Außensteuergesetz) in 2022 gibt es außerdem keine unbefristete Stundung mehr, wenn du ins EU-/EWR-Ausland ziehst. Stattdessen wird die Steuer in sieben Jahresraten fällig.
Wie kann man sich vorbereiten?
Damit die Wegzugbesteuerung dich nicht unerwartet trifft, solltest du eine strategische Planung vornehmen:
- 1️⃣ Frühzeitig planen: Wenn du Gesellschafter bist, solltest du mindestens fünf Jahre vor deinem geplanten Wegzug deine Steuerstrategie anpassen.
- 2️⃣ Anteile umstrukturieren: In manchen Fällen kann es helfen, die Anteile auf eine Holding in einem steuerfreundlicheren Land zu übertragen.
- 3️⃣ Auswanderungsziel klug wählen: In manchen Ländern gibt es Doppelbesteuerungsabkommen, die eine Minderung oder Stundung der Steuer ermöglichen.
- 4️⃣ Beratung einholen: Eine individuelle Steuerberatung ist bei diesem komplexen Thema unumgänglich, um mögliche Lösungen zu finden.
Wichtige Ausnahmen & Möglichkeiten zur Steuervermeidung
- Rückkehrregelung (§ 6 Abs. 3 AStG): Falls du innerhalb von sieben Jahren nach Deutschland zurückkehrst, kannst du die Steuer ggf. zurückerstattet bekommen.
- EU-/EWR-Regelung: Innerhalb der EU kann die Steuer auf Antrag gestundet werden, muss aber trotzdem innerhalb von sieben Jahren gezahlt werden.
- Holding-Strukturen: Eine Holding im Ausland kann unter bestimmten Bedingungen helfen, die Steuerlast zu reduzieren oder zu vermeiden.
- Verzicht auf Anteile: Wer Anteile vor dem Wegzug reduziert oder auf andere überträgt, kann unter Umständen die Wegzugbesteuerung vermeiden.
Fazit: Frühzeitige Planung ist essenziell
Die Wegzugbesteuerung kann für Unternehmer und Investoren eine erhebliche finanzielle Belastung sein. Doch mit der richtigen Planung gibt es legale Strategien, um die Steuer zu minimieren oder sogar zu vermeiden. Wer über eine Auswanderung nachdenkt und Anteile an Kapitalgesellschaften hält, sollte sich mindestens 2–5 Jahre vor dem Wegzug professionell beraten lassen, um böse Überraschungen zu vermeiden.
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